BVV-Bericht von der Sitzung am 11. November 2020

Wenn die BVV sich selbst beschränkt und das Bezirksamt damit sehr zufrieden ist.

Alles anders – alles wie immer

Nachdem es zuerst eine Einigung seitens fünf von sechs Fraktionen gab, dass die November-BVV in Präsenz und als Vollversammlung stattfinden soll, hatte der Ältestenrat kurzfristig doch wieder anders entschieden und ein sogenanntes Pairing vereinbart. Im Grunde ist das ein Schauspiel. Nur 29 Verordnete stimmen ab und tun dabei so, als ob sie 55 wären. Im Ergebnis hat die Linksfraktion dann nur eine statt drei Stimmen.
Die Linksfraktion akzeptierte unter anderem deshalb diese erneute Fehlentscheidung nur unter Protest. Wir sind weiterhin der Meinung, dass die Pauluskirche ausreichend Platz für eine komplette BVV mit 55 Verordneten bietet. Selbstverständlich unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln. Es bleibt den anderen Fraktionen überlassen, den Bürger*innen zu erklären, warum die BVV sich selbst schwächt. Was sendet man damit für ein Zeichen? Braucht es keine 55 Verordneten - sind 29 auch außerhalb von Corona-Zeiten ausreichend? Ist die Kontrolle des Bezirksamtes während einer Pandemie weniger wichtig als sonst? Sind politische Ehrenämter momentan zu vernachlässigen? Wenn ja, welche sollten dann noch ruhen? Verzichten die Fraktionen, die gegen Vollversammlungen sind, nun auch auf einen Teil der Steuergelder, die ihnen für die politische Arbeit und die Ausübung des Ehrenamtes zur Verfügung gestellt werden?

Die Tagesordnung der BVV-Sitzung war an diesem Abend jedenfalls überschaubar wie selten. Deshalb wäre es durchaus möglich gewesen, alle Punkte ohne Zeitnot zu diskutieren – zumal auch etwa nur die Hälfte der potentiellen Redner*innen anwesend war.

Aber die Choreographie war dann doch eine andere und viele Fragen blieben am Ende des Abends absichtlich unbeantwortet...

Immer wieder das gleiche Lied...

…von der Uneinsichtigkeit der Linksfraktion beim Thema Schulneubau: Der Antrag „Der Osteweg 53 muss Schulstandort mit Sporthalle werden“ wurde zur Aussprache auf die Tagesordnung genommen – bot sich damit doch für Schwarz-Grün die Gelegenheit, das erste hochemotionale Thema des Abends durchzuspielen. Selbst der BVV-Vorsitzende, Herr Rögner Francke (CDU), stieg in die Bütt (was er sonst nie tut). Und dies nur, um zu behaupten (was bereits andere vor ihm getan hatten in vielen Sitzungen), DIE LINKE. Steglitz-Zehlendorf und natürlich der böse rot-rot-grüne Senat blockierten den Bau einer Schule am Osteweg, die so dringend benötigt werde.
Dabei haben Herr Rögner-Francke, die CDU und die Grünen offensichtlich zwei Dinge immer noch nicht verstanden:
Zum Ersten war es DIE LINKE., die den Vorschlag gemacht hat, auf dem Gelände Osteweg 53 und 63 eine Schule UND die Unterbringung geflüchteter Menschen in Einklang zu bringen. Das wollten nämlich CDU, Grüne, die AfD und die ortsansässige Bürger*inneninitiative nicht. Besonders die BI pochte darauf, dass es kein Platz für Geflüchtete gäbe und nur die Schule eine Berechtigung habe. Zum Zweiten hat DIE LINKE. immer wieder einen Schulentwicklungsplan für Steglitz-Zehlendorf angemahnt, der mit Zahlen belegt, welchen Bedarf es an welcher Stelle des Bezirkes denn überhaupt gibt. Der Entwicklungsplan fehlt seit Jahren, das Bezirksamt ist im Blindflug, fühlt sich dabei aber offensichtlich nicht unwohl. Blind kann man natürlich auch Behauptungen aufstellen, die andere schwer widerlegen können – z. B. von der zwingenden Notwendigkeit einer Schule am Osteweg.
Das i-Tüpfelchen auf der Argumentation von CDU und Grünen ist, dass unbedingt die Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule am Osteweg einziehen müsse, damit Grund- und Oberstufe an einem Standort zusammengeführt werden. Die Schule wiederholt jedoch gebetsmühlenartig, dass sie gar nicht an den Osteweg möchte. Das interessiert CDU und Grüne aber nicht – Hauptsache, man kann die Argumentation durchziehen und sich als Opfer des Senats präsentieren. Die Entscheidung über den Antrag war dann eindeutig: Er wurde mit Mehrheit angenommen. Um die Bürger*innitiative am Osteweg ist es übrigens sehr still geworden, seit die Flüchtlingsunterkunft gebaut worden ist.

Den CDU-Stadtrat in Not bringen…

...war nicht gewünscht. Deshalb wurde das zweite hochemotionale Thema Corona, das mit gleich zwei Kleinen Anfragen bedacht wurde (Schutz der Risikogruppen vor Corona + Mund-Nasen-Schutz im Rathaus Zehlendorf) auch ausgiebig behandelt. Mit dem Ergebnis, dass (nach kurzer Abhandlung der Frage nach WLAN-Anschlüssen) die beiden Kleinen Anfragen der Linksfraktion wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt wurden.
Solche Vertagungen folgen meist nicht dem Zufall, sondern werden von der Zählgemeinschaft per Choreographie bewusst herbeigeführt. Hätte doch sonst die Nachfrage zur Senior*innenbefragung (siehe: https://kurzelinks.de/negb), die von der Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin gestoppt wurde, den CDU-Stadtrat an dieser Stelle tüchtig in Erklärungsnöte gebracht. Auch unsere Kleine Anfrage zur Umsetzung des Milieuschutzes (siehe: https://kurzelinks.de/ju0i) entfiel – die Bezirksbürgermeisterin hatte gewiss keine Lust zu erläutern, wie wenig da bisher passiert ist. Sonst wäre am Ende noch offensichtlich geworden, was eigentlich alle schon wissen: Der politische Wille zur Umsetzung und guten Anwendung des Mieter*innenschutz-Instrumentes Milieuschutz fehlt bei CDU und Grünen!

Corona, Corona und kein Ende

Auch die Große Anfrage der FDP „Kontrollverlust des Bezirksamtes bei der Covid-19-Bekämpfung“ bot reichlich Möglichkeit zu Emotionalität und Ablenkung von wichtigen politischen Themen. Allerdings machte Lars Rolle von der FDP eines sehr deutlich: Die Fraktionen der BVV bzw. die BVV an sich hätten die Verantwortung und die Pflicht, das Bezirksamt zu kontrollieren. Deshalb müsse es auch gestattet sein, unangenehme Fragen zu stellen und das Bezirksamt auch mal zu kritisieren. Dem können wir uns nur anschließen! Allerdings wurde bei der dann folgenden Großen Anfrage der Linksfraktion deutlich, dass genau das dem Bezirksamt – hier in Person der Bezirksbürgermeisterin – so gar nicht passt.

Wie weiter rund um den Hermann-Ehlers-Platz?

Die Große Anfrage der Linksfraktion (siehe: https://kurzelinks.de/h7ks) wurde tendenziell eher pampig beantwortet. Eine Zusammenfassung ist bereits beim Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf erschienen. Der Bericht von Boris Buchholz ist hier nachzulesen: https://kurzelinks.de/k5sb

Um 20:45 Uhr, 90 Minuten vor Ende der maximalen Tagungszeit und damit anders als üblich, endete die BVV-Sitzung. Viele Fragen blieben offen und die wenigen Bezirksverordneten gingen nach Hause. Das Bezirksamt hat jetzt wieder einen Monat Ruhe vor offensichtlich lästigen Nachfragen und unerwünschter Kontrolle durch die BVV. Glauben Sie aber bloß nicht, dass das Bezirksamt in der Zwischenzeit nicht arbeitet. CDU und Grüne tun aber alles dafür, dass Sie von dieser Arbeit so wenig wie möglich mitbekommen. Wenn, dann nur, weil man Ihren Applaus (und 2021 ihre Stimme) möchte. Wir hingegen würden uns stattdessen mehr kritische Fragen wünschen. Die können Sie auch direkt an das Bezirksamt richten und sich die Antworten zu Beginn der BVV-Sitzung abholen. Das Formular finden Sie hier: https://www.berlin.de/ba-steglitz-zehlendorf/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/einwohnerfrage-stunde/
Und in der Pauluskirche ist auch noch für weitere Besucher*innen mit Maske und Abstand ausreichend Platz. Kommen Sie doch gerne am 9. Dezember um 17:00 Uhr vorbei und helfen Sie uns bei der Kontrolle des Bezirksamtes.

PS: Kritische Nachfragen an uns sind ebenfalls jederzeit willkommen! Schreiben Sie uns an kontakt@linksfraktion-sz.de.