BVV-Bericht vom 18. Januar 2023

Wie steht es um die offene Mieter*innen-Beratung?+++Standortmanagement Kranoldkiez – wem nutzt es?+++ Nachnutzung des Mäusebunkers – ein neuer Sozial-Raum im Bezirk+++Sichere Fahrradbügel vor jeder Jugendfreizeiteinrichtung+++Hilfen absichern, Träger der Wohnungslosenhilfe unterstützen+++Ein Hedgefonds für soziale und kulturelle Interessen im Bezirk?+++Bitte gehen Sie am 12. Februar wählen!

Die erste BVV-Sitzung Steglitz-Zehlendorf im neuen Jahr und die letzte vor den Neuwahlen in Berlin fand wie im Dezember in der Aula des Schadow Gymnasiums statt.

Wie steht es um die offene Mieter*innen-Beratung im Bezirk?

Mit der Kleinen Anfrage 0494/VI wollten wir Informationen über die offene Mieter*innen-Beratung erhalten. Wie wird das Angebot angenommen? Ist die Personalausstattung ausreichend? Bei der mündlichen Beantwortung durch Stadtrat Richter wurde klar, dass die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt. Im letzten Jahr wurden 679 Beratungen durchgeführt. Zudem ist gerade vor dem Hintergrund der explodierenden Betriebs- und Heizkosten die Nachfrage gestiegen und wird weiter steigen. Aber bis 2024 wird das Beratungsangebot nicht ausgeweitet, weil die Mittel fehlen. Mittlerweile werden Anfragen aus S-Z an andere Bezirke verwiesen, die offensichtlich mehr Kapazitäten haben.

Unsere Fraktion wird immer wieder gefragt, ob es eine kostenlose Mieterberatung im Bezirk gibt. Offensichtlich ist das Angebot nicht ausreichend bekannt, weswegen sich unseres Erachtens die Werbung dafür verbessern muss. Die Beratung soll nun im Bezirksamt prominenter hervorgehoben werden: Sowohl an der Pförtnerloge als auch im Bürger- und im Sozialamt soll mehr dafür getan werden, das Angebot publik zu machen, weil hier besonders oft nachgefragt wird. Mit unserer Anfrage haben wir deutlich gemacht, dass der Bedarf an Mieterberatung gestiegen ist. Es ist ein Erfolg, dass die Notwendigkeit von mehr Beratungsgesprächen und Angeboten ersichtlich wurde und das Amt hier nachsteuern wird.

Standortmanagement Kranoldkiez – wem nutzt es?

Am Kranoldplatz stehen vielfältige Veränderungen an. Der Platz selbst soll umgestaltet werden und die Verkehrssituation rund um den Platz muss dringend verbessert, die Situation für Radfahrende und zu Fußgehende sicherer werden. Wie werden die Gewerbetreibenden und die Anwohnenden in diesen Prozess eingebunden? Wie wird Bürger*innenbeteiligung umgesetzt? Und wer bestimmt eigentlich konkret mit? Hierfür hat das Standortmanagement Akteur*innen zu einem Gespräch am 1. Dezember 2022 eingeladen. Aber ging die Initiative dazu nicht eigentlich vom zuständigen Stadtrat aus? Warum war die Teilnahme von Verordneten der BVV daran nicht erwünscht und wer hat diese Entscheidung getroffen? Interessante Fragen, die leider aufgrund von Zeitmangel während der Sitzung nicht mündlich beantwortet wurden, sodass wir nun auf die schriftliche Beantwortung warten und hier veröffentlichen werden (0495/VI).

Unsere Anträge „Nachnutzung des Mäusebunkers: ein neuer Sozial-Raum für Steglitz-Zehlendorf“, „Sichere Fahrradbügel vor jeder Jugendfreizeiteinrichtung in Steglitz-Zehlendorf“ und „Hilfen absichern, Träger der Wohnungslosenhilfe unterstützen“

Unsere drei Anträge wurden in die fachlich zuständigen Ausschüsse überwiesen. Mit dem Antrag zur Nachnutzung des Mäusebunkers (0488/VI) machen wir uns dafür stark, die leerstehenden und künftig wieder nutzbaren Räume prioritär sozialen und kulturellen Trägern zur Verfügung zu stellen. Der Mäusebunker könnte als zentraler Anlaufpunkt mit generationsübergreifenden sozialen Angeboten fungieren. Es fehlt – neben preisgünstigem Wohnraum – an Räumlichkeiten für soziale und kulturelle Zwecke im Bezirk wie zum Beispiel für die Musikschule, Jugendzentren, Wärmestuben, Beratungsangebote für Frauen.

Sichere und moderne Fahrradbügel schonen die Fahrradreifen, schützen vor Diebstahl und fehlen an vielen Orten - und das, obwohl die Zählgemeinschaft die Verkehrswende vorantreiben möchte. Auch vor Jugendfreizeiteinrichtungen sind hochwertige Fahrradbügel Mangelware. Ihre Installation vor den Einrichtungen würde noch mehr Menschen und Jugendliche anregen, das Fahrrad zu nutzen (0489/VI).

Der dritte Antrag soll gewährleisten, dass die Träger der Wohnungslosenhilfe auf Kostenübernahmen für ihre Leistungen nicht zu lange warten müssen. Nach Beantragung oder Anträgen auf Weiterbewilligung für Betreutes Wohnen u. ä. vergehen häufig mehrere Wochen, bis über die Bewilligung entschieden wird. Das ist definitiv zu lang! Nur die Zusage der Übernahme der Kosten gibt den Trägern Planungssicherheit. Da es an zuverlässigen Kommunikationsstrukturen aufgrund der personellen Situation im Sozialamt fehlt, dauern Absprachen unverhältnismäßig lange und führen zu weiteren Verunsicherungen und ungeklärten Fragen – auch bei den Hilfebedürftigen. Wir möchten mit unserem Antrag die Planungssicherheit für die Anbieter der Hilfeleistungen und verbindliche Kommunikationsstrukturen durch klare Absprachen zwischen Amt und Trägern im Bezirk verbessern (0490/VI).

Ein Hedgefonds für soziale und kulturelle Interessen im Bezirk?

Das „Boulevard Berlin“ hat einen neuen Vermieter: die Private-Equity-Investoren York Capital und Castlelake (mehrere Milliarden Euro schwer). Soweit so schlecht. Besagte Investoren haben sich nun an den Bezirk gewandt und schlagen vor, im „Boulevard Berlin“ eine kulturelle oder soziale Einrichtung zu etablieren. Klingt doch toll – oder? Bei uns schrillen da alle Alarmglocken! Public-Private-Partnerschip kurz PPP (Öffentlich-Private-Partnerschaft) führt in den meisten Fällen dazu, dass die Kommunen/die öffentliche Hand (auch finanziell und langfristig) den Kürzeren ziehen und Investor*innen hohe Gewinne kassieren. Das sehen andere offensichtlich anders, sonst hätte die Zählgemeinschaft aus Grünen, SPD und FDP nicht einen Antrag eingebracht, genau dieses Ansinnen des Hedgefonds nun vom Bezirksamt prüfen zu lassen.

„Eine Schule oder ähnliches im Boulevard Berlin? McDonald's und Hugendubel werden sich freuen. Anschließend können die Schüler*innen ja auch direkt ihre Freizeit in der Mall verbringen. Ja, wir brauchen Platz für neue Schulen – aber doch bitte auf bezirkseigenem Grund und Boden. Die Idee, dies im Boulevard zu realisieren und damit in die Hände von Investoren zu legen, ist der falsche Weg. Oder können Sie sich vorstellen, dass das Bezirksamt auf Augenhöhe mit einem international agierenden Hedgefonds tanzen kann, wenn es zu langfristigen Verträgen über solche Räumlichkeiten kommen würde?“, so Dennis Egginger-Gonzalez.

Durch mehr Frequentierung des Boulevards, beispielsweise durch Kinder, Eltern und Lehrer*innen steigt der Wert der Immobile und damit der Preis für die Mieten der Gewerbetreibenden vor Ort – Nutznießer ist damit allein der Hedgefonds. Ein Umstand den die Zählgemeinschaft anscheinend noch nicht realisiert hat. Der Prüfauftrag ist der erste Schritt in die falsche Richtung, meint die Linksfraktion. Ganz anders die Fraktion der Grünen: Deren schulpolitische Sprecherin sieht nur Gewinner. Zum Beispiel könnten die Kinder einer Grundschule im Sachkundeunterricht in der Mall einkaufen und der Warenkorb könne dann in den Unterricht einfließen - man müsse Schule neu denken!

Neu denken immer gerne – aber bitte nicht naiv: Hedgefonds, die ohne Profitinteressen soziale oder kulturelle Einrichtungen fördern wollen? Dies wäre wahrlich ein Novum im liberalen, kapitalistischen System!

Damit endete die letzte Sitzung der BVV-Steglitz-Zehlendorf in der jetzigen Zusammensetzung. Durch die Wiederholungswahl am 12. Februar 2023 werden auch die Karten im Bezirk wieder neu gemischt. Wir möchten aus der Wahl gestärkt hervorgehen! Linke Politik in Steglitz-Zehlendorf ist dringend erforderlich, wie diese BVV-Sitzung wieder bewiesen hat!