Denkmalschutz und seine Grenzen

Hätte Richard Brademann, Architekt des S-Bahnhofs Wannsee, 1927 ein Geländer in die Mitte der großen Treppe gebaut, wenn er geahnt hätte, wie viele Menschen sich 2019 dort tummeln? Natürlich - weil auch damals Sicherheit wichtig war. Heute wird Denkmalschutz oft vor Barrierefreiheit gestellt und so das Pferd von hinten aufgezäumt.
Zweites Beispiel: Erhaltungssatzungen in Villenvierteln. Wir sind natürlich für die Berücksichtigung ästhetischer Aspekte. Aber in Zeiten von drastischer Wohnungsnot ganze Viertel vor jeder Veränderung zu schützen, um Immobilienpreise und die eigene Klientel zu schützen, finden wir falsch. Was rechtfertigt Villenschutz in einem Bezirk, der nicht Willens ist, Schutzgebiete für Mieter*innen auszuweisen?
Drittes Beispiel: Erinnerungskultur. In Lichterfelde Süd gibt es gewinnträchtiges Bauland. Zugleich befinden sich dort Überreste des größten Strafgefangenenlagers der Nazis in Berlin. Um erfahrbar zu machen, was damals war, die Erinnerung zu bewahren und unserer Verantwortung gerecht zu werden, muss – zur Not auch gegen die Interessen des Baulöwen Groth -  dem Denkmalschutz Vorrang eingeräumt werden.